Wer frischgebackene Eltern kennt, weiß, sie können von nichts anderem sprechen, als von ihrem neugeborenen Kind! Und das ist ja klar, ihr Herz ist voll von Liebe, ihre Gedanken kreisen um das Baby, es ist einfach nur das, worüber sie sprechen wollen. Dass der Rest der Welt nicht ganz so brennend interessiert ist, an den Vorlieben und Fortschritten ihres Sprösslings, merken sie meistens nicht. Sie selbst finden, es gibt kein spannenderes Thema auf der Welt!
Das, was man im Herzen trägt, darüber möchte man gern reden. Das Sprichwort stammt aus der Bibel und ich habe nicht genau nachgelesen, aber vermute, dass, wer zu Gott gefunden hat, gern darüber redet. Meinetwegen, das soll er oder sie gerne machen. Ich höre zu. Genau wie ich zuhöre, wenn jemand über Windelgrößen oder die Ernährung von Babys spricht, auch wenn es nicht (mehr) zu meinen ersten Interessengebieten gehört.
Letztens habe ich bei Instagram oder vielleicht war es bei Twitter, eine Umfrage gesehen, wo jemand seine Follower fragte, über welche drei Themen sie unvorbereitet en halvtimme sprechen könnten. Die Antworten waren sehr vielfältig und ich fing an, zu überlegen, worüber ich selbst eine halbe Stunde einigermaßen engagiert sprechen könnte. So einfach war es nicht, es war deutlich einfacher zu vermuten, worüber mein Mann sprechen würde. Er könnte über Musik, Basketball und Bier reden und müsste bei jedem Thema vermutlich an das Zeitlimit erinnert werden.
Beim weiteren Nachdenken kam ich darauf, dass die Interessengebiete sich durch das Leben verändern. Früher hätte ich eine halbe Ewigkeit über Mode, Nähen und Handarbeit sprechen können. Da bin ich nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand, muss ich zugeben. Nähen und stricken kann ich zwar immer noch, aber ich tue es nicht mehr so oft und ich habe keinen Überblick über Trends, Farben und Schnitte. Ob das damit zu tun hat, dass ich die meistens Trends schon mal gesehen habe und des Ganzen etwas überdrüssig geworden bin oder ob es damit zusammenhängt, dass ich zu wenig ausgehe und deswegen keine Verwendung für ausgefallene Kreationen mehr habe, kann ich nicht sagen.
Als Jugendliche hätte ich euch sehr ausführlich über die letzte Inszenierung des Stadttheaters, der Stadt in der ich wohnte, berichten können. Eine weitere halbe Stunde hätte ich damit füllen können, welche Inszenierungen ich in anderen Städten gerne sehen und mit wem ich am liebsten hingehen würde, und falls ich dann noch über Filme, Regisseure und Schauspieler hätte sprechen dürfen, hätte eine Woche nicht gereicht, um alles zu sagen, was ich wusste und was mich daran interessierte.
Bis ich meine Füße kaputt machte, hätte ich über verschiedene Laufstrecken und Kurse im Fitnessstudio berichten können. Oder eher nicht, weil ich eher lief, hüpfte und sprang, als darüber zu sprechen!
Die drei Themen, über die ich heute ohne Vorbereitung sprechen könnte, wären schwedische Verben, Pluralgruppen und possessive reflexive Pronomen. Aber das zählt nicht, denn das ist mein Beruf und da habe ich sehr viel Übung drin, weil ich genau das nahezu täglich mache.
Als Mutter ist mein Herz immer noch voll von meinen Kindern, obwohl sie nun junge Erwachsene sind, die weder Windeln tragen, noch das erste Mal Brokkoli probieren. Ich finde meine Kinder besonders interessant, charmant und intelligent, und das meiste, was sie machen, finde ich ungeheuer spannend. Also könnte ich stundenlang über meine Kinder reden, aber ich habe im Laufe der Jahre als Mutter gelernt, dass Außenstehende es nicht so schätzen.
Über Literatur könnte ich auch lange reden, weil ich eine passionierte Leserin bin. Seit ich läskoden etwa 1972 knackte, habe ich immer ein Buch dabei. Und wer mich nach einem Buchtipp für den Urlaub fragt, ist selber schuld! Ich kann dann gar nicht an mich halten und der Fragende bekommt Tipps die für eine Reise mit der transsibirischen Eisenbahn ausreichen würden und nicht für die Woche Strandurlaub, für die eigentlich gefragt wurde.
Und über das weite Thema „Essen und Kochen“ könnte ich auch länger sprechen. Essen und Trinken hält ja, wie bekannt, Leib und Seele zusammen und soll nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Das Leben ist nicht nur zu kurz, um schlechten Wein zu trinken, es ist auch zu kurz, um langweiliges Essen zu essen.
Nun seid ihr gewarnt, fragt nicht nach meinen Kindern, was ich gerade lese oder was ich zurzeit am liebsten koche. Dann könnte es länger dauern. Und das mit der schwedischen Grammatik, das erkläre ich gern im nächsten Kurs!
Vokabelhilfe
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