Danke an Wiebke, unsere Gastkolumnistin.
Es ist wieder so weit: Wenn man nichtsahnend durch sein Viertel spaziert und aus der Ferne Querflöten und Trommeln hört – dann denke ich spontan: Seit wann haben wir hier in Hamburg Karnevalsumzüge? So sehr hat mich die Musik im ersten Moment an das Intro von „Wenn et Trömmelche jeiht/Kölle Alaaf“ erinnert. Aber nein, es ist natürlich anders: Die Laternenumzüge sind zurück! Mit relativ großem Spielmannszug, Feuerwehrauto vorneweg, das volle Programm.
Nur zwei Dinge unterscheiden sich von den Laternenumzügen meiner Kindheit: Zum einen war es noch nicht mal dunkel, als die Gruppe an mir vorbeizog – wie soll da lauschige Stimmung aufkommen? Das wird sich in den nächsten Wochen natürlich noch ändern, wenn es schon um 4 dunkel ist und die Kinder quasi direkt nach dem Mittagsschlaf losziehen können.
Zum anderen werden heutzutage, soweit ich das bisher beobachten konnte, ja nur noch LED-Kerzen in den Laternen eingesetzt. Auch da dieselbe Frage: Wie soll denn da lauschige Stimmung aufkommen? Klar ist es sicherer, weil die Papierlaternen nicht mehr abbrennen und es somit nicht zu spontanen Heulkrämpfen kommen kann (zumindest nicht aus diesem Grund), aber wirklich stimmungsvoll und schön ist meiner Meinung nach doch nur echtes Kerzenlicht.
Und man kann es ja auch mal so sehen: Statt die Kinder heute vor so vielem bewahren (und es den Eltern natürlich auch im „Handling“ einfacher machen) zu wollen – was ja an sich ein edles Ansinnen ist – hat ein offenes Feuer als uraltes Element nun mal auch etwas Archaisches, dem man sich vielleicht ab und zu aussetzen sollte oder möchte. Es zieht die Menschen seit jeher in den Bann, man muss den Umgang mit ihm erlernen und es löst bei vielen eine Art ehrfürchtiges Staunen aus: „Das Leben ist wie Feuer, es brennt und es wärmt“, singt Thees Uhlmann.
Letztlich übt man auch schon früh den Umgang mit Misserfolgen, wenn der eigene Papier-Vollmond, den man über die beiden Seiten hochziehen und oben verschließen muss, bei diesem Manöver Feuer fängt und abbrennt. Vor den Augen der anderen, und man kann nichts dagegen tun. Viele Lisas und Martins mussten da erstmal wieder beruhigt werden, auf einem typischen Laternenumzug anno 1997. Nächstes Mal gab es dann eine praktische Akkordeonlaterne, die man von unten wie eine vertikale Ziehharmonika hochzieht – da brennt in der Regel nichts an. Sieht allerdings auch nicht so cool aus wie so eine Mond-Laterne, aber so ist es nun mal im Leben, man kann nicht alles haben, wurde uns schon mit 5 vermittelt.
Übrigens: Während wir früher Lieder wie „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“ gesungen und (immer wieder) vorgespielt bekommen haben, stimmte der Spielmannszug hier „Auf der Reeperbahn nachts um halb 1“ an – am Eilbekkanal abends um halb 6. Denn wir sind hier halt dann doch in Hamburg – und nicht in Köln oder sonst wo.
/wiebke
Das Bild zeigt Wiebke mit Laterne, mit wie in den 90-ern üblichen roten Augen.