Kennt ihr Mondo? Eigentlich heißt er Armand Duplantis, und ich wage zu behaupten, dass jeder Schwede, der die letzten vier Jahren nicht unter einem Stein gelebt hat, weiß, wer er ist.
Der junge Mondo, geboren 1999 in Louisiana, hat am 17. September 2023 seinen eigenen Weltrekord im Stabhochsprung gebrochen, und ist unfassbare 6,23 Meter hoch in die Luft geflogen. Ich weiß nicht genau, wie hoch unser Hamburger Reihenhaus mit drei Stockwerken ist, aber ich denke, es kommt ungefähr hin, von der Höhe.
Warum hat der in den USA geborene Leichtathlet in Schweden so eine Begeisterung ausgelöst? Es könnte damit zu tun haben, dass der Bursche eine schwedische Mutter, Helena aus Avesta, und seit seiner Geburt zwei Staatsbürgerschaften hat. Vor allem dürfte der Kern der Begeisterung aber darin liegen, dass er seit 2015 offiziell für Schweden startet. Also, er ist ein Schwede – durch und durch!
Oder ist er es doch nicht? Er ist in Lafayette, im Süden der USA aufgewachsen, mit einem amerikanischen Vater, drei Geschwistern und der besagten schwedischen Mutter aus Dalarna. In Interviews wird erzählt, dass er seine Sommerferien bei Oma und Opa in Schweden verbrachte.
Als Mondo anfing, für Schweden zu starten und gute Ergebnisse zu erzielen, wollte er die Interviews aber lieber auf Englisch führen, es fiel negativ auf und über seine mangelnden Schwedischkenntnisse wurde in der Presse hergezogen. Irgendwann sprang seine Mutter Helena für ihn ein und verteidigte ihren Sohn. „Unter Stress kann er nicht Schwedisch sprechen“, sagte sie, „aber er kann es, und mit mormor ist es gar kein Problem.“ Das wurde in der Presse angezweifelt und die Mutter wurde belächelt, weil sie es nicht mal geschafft hätte, ihrem Sohn die eigene Muttersprache beizubringen.
Hier fühlte ich mich als schwedische Mutter im Ausland echt persönlich beleidigt – was wissen die schwedischen Sportjournalisten eigentlich über mehrsprachige Erziehung? Vermutlich weniger, als über Leichtathletik, Fußball und Biathlon, was ihr Fachgebiet ist, würde ich sagen. Kindern die eigene Muttersprache so gut beizubringen, dass sie sogar, wenn sie unter Strom sind, immer die richtigen Worte finden, ist nichts, was nebenbei läuft. Genau so wenig, wie man nebenbei plötzlich 6,23 Meter hochspringen kann.
Hier fange ich an zu überlegen, wer, von außen gesehen, Schwede ist und wer nicht. Anscheinend reicht es nicht, mit einem schwedischen Elternteil und einem schwedischen Pass. Nicht mal, dass der junge Armand Duplantis sich entschieden hat, für Schweden zu starten und in Schweden zu leben, war für manche Leute genug. Man muss offensichtlich perfekt Schwedisch sprechen, sonst ist und bleibt man Ausländer.
Heute ist Mondo sambo mit Desiré und die Interviews werden auf Schwedisch geführt, aber manchmal streut er äußert charmant etwas auf Englisch ein. Nun ist er der Liebling aller und er scheint nun auch als Schwede akzeptiert zu sein. 2020 hat er sogar das Victoriapriset aus der Hand der Kronprinzessin bekommen. Vielleicht hätte er bei der Gelegenheit die Königin Silvia fragen sollen, ob sie sich nach all den Jahren wirklich schwedisch fühlt? Auf die Antwort wäre ich sehr gespannt!
Vokabelhilfe
en mormor, mormödrar Großmutter mütterlicherseits
en sambo, -r Jemand, mit dem man zusammenlebt, ohne verheiratet zu sein
att sambo, -r, -dde, -tt ohne Trauschein zusammen zu leben