In Schweden werden die Jahreszeiten von den Blumen bestimmt. Wenn die ersten sonnengelben tussilago (Huflattich) am Straßenrand rausgucken, dann ist der Frühling im Anmarsch. Das weiß jeder Schwede! Und das spürt jeder Schwede in den Knochen, sie sind leichter, gelöster und freier. Der finale Glücksbringer, oder Frühlingsbote, ist vitsippan (Buschwindröschen). Wenn endlich die Waldlichtung mit einem wogenden Teppich in grün und weiß bedeckt ist – dann ist es wirklich vår (Frühling). Es ist allerdings noch nicht ratsam, die Socken und die Schuhe auszuziehen, was die schwedischen Kinder schon in dem Lied „Blåsippan ute i backarna står“ (zu Deutsch weniger poetisch: ”Die Leberblume steht draußen auf den Hügeln“) lernen. Die Kinder in dem Lied rufen begeistert, wenn sie die ersten Leberblumen pflücken, dass es jetzt Frühling ist und sie barfuß laufen können, die Leberblumen haben ja schließlich auch keine Socken. Die Mutter wendet ein, dass diese auch keinen Schnupfen bekommen könnten. „Noch ist der Winter da“ beendet die Spielverderberin, aka Mutter, die Diskussion und das Lied.
Ich liebe Buschwindröschen sehr, und fange schon rechtzeitig an, sie zu suchen, damit ich sie bloß nicht verpasse, so wie in den ersten Jahren in Deutschland. Mein Zeitgefühl für das Wachstum der Pflanzen wurde hier im Süden reichlich durcheinader gebracht. Auf meinem Handy sind heute vermutlich mehr Bilder von Buschwindröschen, als von meinen Kindern. Und das obwohl ich sie auch sehr liebe. Die Kinder, also.
Dieses Jahr war zufälligerweise mein Sohn dabei, als ich die ersten erspähte und vor Freude förmlich in die Luft sprang. Ich rief aufgeregt „Hast du gesehen?! Da sind welche!! Guck doch mal!“ Ich rief das mehrmals lauthals. Auf die coole Art, die nur 15-jährige Jungs drauf haben, sagte er, nur bemüht interessiert, „Aha. Und was hast du jetzt gewonnen?“ Er konnte sich so viel Begeisterung nur bei einem Wettberwerb mit spektakulärem Gewinn vorstellen.
In Deutschland ist die Botanikliebe, außer bei den Hobbygärtnern, nicht so verbreitet. Hier gehen die Jahreszeiten eher mit dem Wechsel der Speisen einher. Wenn es Spargel gibt, ist es Frühling, im Sommer gibt es Erdbeeren, im Herbst Zwiebelkuchen und wenn der Grünkohl auf dem Tisch steht, ist Winter. Also könnte man sagen der Spargel ist das Buschwindröschen der Deutschen. Das würde erklären, warum ich Spargel so liebe! Aber sie sehen nicht so schön auf Handyfotos aus.
/carina
Blåsippan ute i backarna står
niger och säger ”nu är det vår!”
Barnen de plocka små sipporna glatt
rusa sen hem under lek och skratt.
”Mor, nu är våren kommen, mor!
Nu få vi gå utan strumpor och skor.
Blåsippor ute i backarna stå,
ha varken skor eller strumpor på.”
Mor i stugan, hon säger så
”Blåsippor aldrig snuva få.
Än får ni gå med strumpor och skor,
än är det vinter kvar”, säjer mor.
Text: Anna M. Roos
Musik: Alice Tegnér